WORKSHOP
Asiatische Science-Fiction-Literatur und ihre Übersetzung
SONNTAG, 2. Oktober 2022
Centrum für Asiatische und Transkulturelle Studien (CATS)
Vossstr. 2, Gebäude 4130 (SAI-Gebäude)
69115 Heidelberg
Raum EG 010.00.01
Science-Fiction-Literatur beschreibt etwas, was noch nicht ist, aber sein kann. Science-Fiction-Literatur ist jedoch weitaus mehr als eine Sammlung von Geschichten über Raumfahrt, Wissenschaft, bahnbrechende Technologien, Außerirdische, fremde Welten, Zeitreisen, alternative historische Entwicklungen und/oder die Zukunft. Als „[…] eine Diagnose, eine Warnung, ein Aufruf zu Verständnis und zum Handeln und – am wichtigsten—ein Verzeichnis möglicher Alternativen“ bezeichnet der Literaturwissenschaftler Darko Suvin die Science-Fiction und nennt zwei zentrale genrespezifische ästhetische Elemente der Poetik der Science-Fiction, nämlich das erzählerische Novum und die erkenntnisbezogene Verfremdung.
An Texten über dieses „Neuartige“ und diese Verfremdung erfreut sich wiederum eine wachsende internationale Leserschaft, und so nimmt auch die Produktion von Science-Fiction-Literatur in asiatischen Ländern stetig zu. In China hat sich inzwischen eine besonders florierende Szene etabliert, die der Science-Fiction-Literatur zu mehr Sichtbarkeit verhilft, und auch eine große Anzahl talentierter (junger) Schriftsteller:innen erobert zunehmend das Feld. Als erster asiatischer Autor überhaupt wurde Liu Cixin (geb. 1963) 2015 für seinen Roman Die drei Sonnen (dt. Titel), dem Auftakt einer Trilogie, mit dem Hugo Award ausgezeichnet, dem international wichtigsten Preis für Science-Fiction-Literatur. In Südasien ist es beispielsweise die Prosa des Hindi-Schriftstellers Vinod Kumar Shukla (geb. 1937), die an magischen Realismus grenzt und Elemente der Science-Fiction einführt—darunter Telepathie, Körpertransformation oder Zeitreisen, gleichzeitig sind diese Werke tief im gewöhnlichen indischen Leben verwurzelt.
Angesichts des explosionsartigen Anstiegs der nationalen und internationalen Leserschaft der (asiatischen) Science-Fiction-Literatur in den vergangenen Jahren, wird das breite Feld an gegenwärtigen Publikationen aus dem süd- und ostasiatischen Raum und die bereits vorliegenden deutschsprachigen Übersetzungen näher untersucht, die Herausforderungen während des Übersetzungsprozesses diskutiert und die Schwachstellen innerhalb des internationalen Science-Fiction-Buchmarktes aufgedeckt.
Programm:
10.00 Uhr
Begrüßung
10.30-11.30 Uhr
Indische Science-Fiction-Literatur
Input-Vortrag von Prof. Dr. Hans Harder (Heidelberg) und Diskussion
Chair: Dr. Martin Gieselmann
11.30-11.45 Uhr
Kaffeepause
11.45-12.45 Uhr
Chinesische Science-Fiction-Literatur
Input-Vortrag von Frederike Schneider-Vielsäcker und Diskussion
Chair: Dr. Petra Thiel
14.00-15.00 Uhr
Asiatische Science-Fiction-Literatur und ihre Übersetzung
Input-Vortrag von Karin Betz
Round Table / Austausch mit Karin Betz; Prof. Dr. Hans Harder, Dr. Nora Frisch
Moderation: Karin Betz
15.00-15.15 Uhr
Kaffeepause
15.15-16.15 Uhr
Asiatische Science-Fiction Literatur und der deutsche Buchmarkt
Input-Vortrag von Sebastian Pirling
Round Table / Austausch mit Sebastian Pirling; Dr. Nora Frisch; Dr. Jing Bartz
Moderation: Dr. Jing Bartz
16.15-16.45 Uhr
Wrap-up
Um 19 Uhr findet darüber hinaus im DAI eine Veranstaltung mit der chinesischen Science-Fiction-Autorin Regina Kanyu Wang statt. Informationen erhalten Sie auf der Webseite des DAI unter https://dai-heidelberg.de/de/veranstaltungen/das-meeresfruechterestaurant-52740/.
Kurzbiografien der Referent:innen:
Dr. Jing Bartz wurde 1968 in Peking geboren. Sie studierte Literaturwissenschaften, Pädagogik und Wirtschaft in Peking, Kiel und Leipzig und arbeitete lange als Lektorin und Journalistin. Sie hatte einen Lehrstuhl für Wirtschaftskommunikation an der Universität Konstanz inne, bevor sie 2003 die Leitung des Buchinformationszentrums Peking der Frankfurter Buchmesse übernahm. Inzwischen lebt sie mit ihrer Familie in Hamburg und engagiert sich weiterhin für den kulturellen Austausch zwischen China und Deutschland. Unter ihrer Herausgeberschaft erschien im Jahr 2020 im Heyne-Verlag der Kurzgeschichtenband Quantenträume: Erzählungen aus China über künstliche Intelligenz.
Karin Betz, Sinologin aus Frankfurt, hat lange in China, Japan und Argentinien gelebt. Sie übersetzt chinesische und englische Literatur, wie z.B. Werke des chinesischen Science-Fiction-Autors Liu Cixin. Der von ihr übersetzte Roman Liebe im neuen Jahrtausend von Can Xue, erschienen 2021 im Verlag Matthes und Seitz, wurde für den Internationalen Literaturpreis des Hauses der Kulturen der Welt 2022 nominiert. Karin Betz ist aktives Mitglied der Weltlesebühne und gehört der Jury des Paul-Celan-Preises an. Daneben schreibt sie Artikel, ist Dozentin für das Fach „Kultur übersetzen“ an der Universität Göttingen, moderiert Lesungen und eine Radiosendung und ist DJane für Tango. Im WS 2021/22 war sie Schlegel-Gastprofessorin für die Poetik der Übersetzung an der FU Berlin. Als Stipendiatin des Projekts TRANSLASIEN arbeitete sie an der Übersetzung des dritten Bandes der Reihe Die Legende der Adlerkrieger des im Jahr 2018 verstorbenen Hongkonger Autors Jin Yong, der im September 2022 im Heyne-Verlag erschienen ist.
Dr. Nora Frisch, geboren in Wien, studierte Sinologie und Musikwissenschaften in Wien, Peking, Taipei und Heidelberg. Nach Abschluss der Promotion im Fach Moderne Sinologie gründete sie im Oktober 2010 den Drachenhaus Verlag mit dem Anliegen, Chinas lange Geschichte, die chinesische Kultur, die vielfältigen Traditionen und das moderne Leben in China für Kinder, Jugendliche und Erwachsene wissenschaftlich fundiert und zugleich spannend und schön illustriert aufzubereiten. Als Stipendiatin des Projekts TRANSLASIEN übersetzte sie Teile der Kurzgeschichten-Sammlung Das Meeresfrüchterestaurant der chinesischen Science-Fiction-Autorin Regina Kanyu Wang, die im Drachenhaus Verlag erscheinen wird.
Prof. Dr. Hans Harder wurde 1997 am Institut für Indologie in Halle an der Saale im Jahr über Bankimchandra Chattopadhyay’s Srimadbhagabadgita: Translation and Analysis promoviert. Von 2004 bis 2007 war er Projektleiter der von der Volkswagenstiftung geförderten Forschergruppe Nationalist Ideology and the Historiography of Literature in South Asian Cultures am Institut für Indologie und Südasienwissenschaften der Universität Halle-Wittenberg. Nach seiner Habilitation im Jahr 2006 an der Universität Halle-Wittenberg zum Thema The Maijbhandaris of Chittagong: Sufism, Saint Veneration and Bengali Islam lehrt er seit 2007 als Professor für Neusprachliche Südasienstudien (Moderne Indologie) am Südasien-Institut der Universität Heidelberg. Seine Forschungsschwerpunkte sind neuere südasiatische Literaturen (besonders Bengali und Hindi, aber auch Marathi, Urdu und Tamil), Geistesgeschichte des kolonialen und unabhängigen Südasiens, religiöse Strömungen, insbesondere bengalischer Islam und moderner Hinduismus und satirische Traditionen in Südasien.
Sebastian Pirling, Jahrgang 1979, ist seit seiner Jugend von anderen Welten begeistert. Nach einem Germanistik-Studium arbeitete er als Redakteur und Grafikdesigner. Inzwischen ist er Lektor für Science-Fiction, Fantasy und Jugendbuch im Heyne Verlag. Sebastian Pirling lebt in München.
Frederike Schneider-Vielsäcker studierte Asienwissenschaften an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und Chinastudien am Seminar für Ostasienwissenschaften der Freien Universität Berlin, wo sie von 2014 bis 2018 auch als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig war. Ihre Dissertation beschäftigt sich mit sozialpolitischen Diskursen in der zeitgenössischen chinesischen Science-Fiction-Literatur. Von 2017 bis 2020 war sie Redakteurin bei Kapsel, der ersten deutschen Zeitschrift für chinesische Science-Fiction-Literatur, und hat eine Veranstaltungsreihe mit namhaften Science-Fiction-Autor:innen aus China mitorganisiert. Seit 2020 arbeitet sie am Institut für Sinologie der Universität Heidelberg. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich neben Science-Fiction-Literatur noch mit Queerness und Feminismus in China und Taiwan. Ihre Monografie Alternative Zukunftsentwürfe einer zerrissenen Generation erscheint voraussichtlich im Frühjahr 2023 bei transcript.
Über das Projekt:
Das Projekt „TRANSLASIEN“ wird von der „Neustart Kultur“-Initiative der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien und des Deutschen Übersetzerfonds gefördert. „TRANSLASIEN“ ist Teil einer Kooperation zwischen dem Südasien-Institut der Universität Heidelberg (SAI) und dem Heidelberger Konfuzius-Institut. Das Projekt zielt darauf, neue Übersetzungsprojekte freischaffender Übersetzer:innen aus asiatischen Sprachen zu unterstützen, die Arbeit der Übersetzer:innen auf einer digitalen Plattform sowie in öffentlichen Veranstaltungen sichtbar zu machen und den Austausch zwischen Wissenschaftler:innen des CATS und Übersetzer:innen sowie Akteur:innen im Kultur- und Verlagswesen zu fördern. Mehr Informationen erhalten Sie auf der Projektwebseite.