Ein Abend mit Konfuzius
Ein Abend mit Konfuzius
Festvortrag von Prof. dr. Rudolf G. Wagner
Zur Feier des 10-jährigen Jubiläums der Konfuzius-Institute lud das Heidelberger Konfuzius-Institut am 26.09.2014 zu einem “Abend mit Konfuzius” in das Palais Prinz Carl. Nach Grußworten des Generalkonsuls Liang Jianquan (Generalkonsulat der Volksrepublik China in Frankfurt am Main), der von seiner Studienzeit in Heidelberg erzählte, des Prorektors für Internationale Angelegenheiten der Universität Heidelberg, Prof. Dr. Dieter W. Heermann, und dem Bürgermeister für Familie, Soziales und Kultur der Stadt Heidelberg, Dr. Joachim Gerner, stellte der geladene Festredner des Abends, Prof. Dr. Rudolf G. Wagner, den anwesenden Gästen „Konfuzius als Anker der Stabilität in Krisenzeiten“ vor.
In rasantem Tempo erläuterte Wagner die Machtgefüge der chinesischen Dynastien bis heute. Er machte deutlich, dass Konfuzianismus zu vielen Zeiten nur eine Randerscheinung war, eine Sache weniger Spezialisten fernab der Bevölkerung. Die Obrigkeiten hatten ein wechselhaftes Verhältnis zu Konfuzius. Man berief sich in Krisenzeiten auf Konfuzius, um staatliche Ordnung durchzusetzen und Legitimität zu schaffen. Jedoch wurden Konfuzius und seine Lehren immer wieder auch für die Wurzel allen Übels gehalten und für Miseren verantwortlich gemacht.
Als Kaiser Wu Di in der Han-Zeit den Konfuzianismus zur Staatsdoktrin machte, entsprach dies weniger seiner persönlichen Überzeugung, als der praktischen Funktion der konfuzianischen Morallehre. Bei Konfuzianismus handelt es sich um eine sehr staatsorientierte Morallehre, welche jedoch kaum religiöse Elemente aufweist und keine Aussagen zum Leben nach dem Tod trifft. Entgegen westlicher Vorstellungen, waren Konfuzius Lehren keineswegs in der breiten Bevölkerung etabliert, sondern standen im Wettbewerb mit Laozi und dem Daoismus oder dem Buddhismus und durchlebten immer wieder Krisen. Was man genau unter Konfuzianismus versteht, wandelte sich ebenfalls je nach gängiger Interpretation der alten Schriften. Der in der Song-Dynastie entwickelte Neokonfuzianismus um Zhuxi, welcher die in Verruf geratene vorherige Interpretation von Konfuzius ablöste, stellte zunächst nur eine Angelegenheit weniger Spezialisten dar. Erst die von sozialen Unruhen gebeutelte nachfolgende Yuan-Dynastie erklärte den Neokonfuzianismus zur Staatsdoktrin. Hierbei erwies sich die Umdeutung der ursprünglichen wechselseitigen Beziehungen in einseitig, hierarchische Beziehungen als besonders günstig. Dennoch hielten die mongolischen Herrscher an ihrem muslimischen Glauben fest und auch in der Bevölkerung hielten sich vielfältige Religionen. Konfuzianische, Han-chinesische Gelehrte bildeten eine Allianz zur herrschenden Klasse und besetzten leitenden Staatsfunktionen. In der Ming-Zeit wurden die konfuzianischen Institutionen weitergeführt, der neue Kanon schloss jedoch auch Lehren des Buddhismus und Daoismus ein. Zu dieser Zeit erreichte der Konfuzianismus Europa. Die von Missionaren übersetzte, säkulare Variante der Texte, prägte die europäische Vorstellung einer rationalen, säkularen Staatsdoktrin.
In China geriet der Konfuzianismus während der Herrschaft der Taiping abermals in Verruf und wurde zum Schuldigen für die „Teufelsanbetung“ der Chinesen und der Fremdherrschaft der Mandschu erklärt. In der späten Qing und frühen Republikzeit wurde Konfuzius zwar von Kang Youwei als Reformer gepriesen, von Sun Yatsen und seinen Anhängern jedoch als Ursache der „Kannibalengesellschaft“ verachtet. Auch die 1949 ausgerufene Volksrepublik folgte diesem Kurs im Namen des Klassenkampfs und entdeckte Konfuzius erst in den 2000er Jahren als Hüter der chinesischen Kultur wieder, so dass auch die 2004 eingeführten Kulturvertretungen Chinas im Ausland Konfuzius’ Namen tragen: Konfuzius-Institute.
Während des anschließenden Empfangs im Foyer des Palais hatten die Freunde, Förderer und Gäste des Konfuzius-Instituts die Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung durch das Deng Xiaomei International Ensemble mit der bekannten Mannheimer Künstlerin Deng Xiaomei an der Erhu und Claus Kiesselbach am Vibraphon sowie sowie die Pipaspielerin Wu Di.