Berg, Land, Fluss: Kartographie im spätkaiserlichen China
Berg, Land, Fluss – Kartographie im spätkaiserlichen China
Vortrag von Dr. Martin Hofmann
- Termin: Mittwoch, 05. Juni 2013
- Uhrzeit: 19.00 Uhr
- Ort: Konfuzius-Institut Heidelberg, Speyerer Str. 6, 69115 Heidelberg
- Eintritt: frei
Die Geschichte der Kartographie wird häufig mit Blick auf die Entdeckung und Erschließung unbekannter Territorien sowie die zunehmende topographische Genauigkeit von Karten erzählt. Mögen die Kenntnisse der Seefahrer und das Bestreben nach genauer Ortsbestimmung seit der Renaissance für die Kartographie in Europa von besonderer Bedeutung gewesen sein, lässt sich diese in Entwicklung nicht uneingeschränkt auf China übertragen. Karten sind kulturell bedingt und niemals neutral. Sie sind Ausdruck von Weltsichten und religiösen Vorstellungen, Machtansprüchen und Selbstverortungen, Textinterpretationen und Raumerfahrungen. Somit dienen Karten nicht allein und keineswegs stets primär der exakten räumlichen Bestimmung von Orten, sondern erfüllen eine Vielzahl verschiedener Aufgaben.
Martin Hofmann gab einen Einblick in die Funktionen und Darstellungsformen von chinesischen Karten in der Zeit zwischen dem 12. und dem 18. Jahrhundert. Er zeigte, dass unterschiedliche Raumvorstellungen und graphische Konventionen koexistierten. Zwar war man in China, wie Hofmann anschaulich zeigte, bereits im 12. Jahrhundert dazu in der Lage relativ genaue Karten zu erstellen, sie setzten sich jedoch nicht durch. In China waren Karten in erster Linie Teile wissenschaftlicher Diskurse, die versuchten Beschreibungen aus alten Texten der Wirklichkeit zuzuordnen. So versuchte man aus Beschreibungen logisch zu erschließen, wo sich ein Fluss oder Berg befinden müsse. In der Darstellung wurde mehr Wert auf die prägnante Aussage als auf geographische Genauigkeit gelegt. Westliche Karten, die durch die Jesuiten nach China kamen, hatten daher nur einen begrenzten Einfluss auf die chinesische Kartographie.
Martin Hofmann studierte Sinologie in Taipei und Würzburg, wo er zu Klassiker-Kommentaren der Song-Zeit promovierte. Als Wissenschaftlicher Mitarbeiter arbeitete er an den Lehrstühlen für Sinologie an der Universität Würzburg und der Universität Leipzig. Zudem war er Gastwissenschaftler an der Harvard University und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften sowie Postdoc Fellow am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte. Seit 2009 ist er Assistent am Lehrstuhl für Wissensgeschichte des Exzellenzclusters Asia & Europe der Universität Heidelberg. Seine Forschungsschwerpunkte sind Ideen- und Technikgeschichte sowie historische Geographie Chinas.