Vernissage-Konzert „Vom Reden und Schweigen“
Am Sonntag, den 09. September 2018, um 17 Uhr leitete Frau Dr. Pavaloi, Mitarbeiterin des Völkerkundemuseums Heidelberg, das Vernissage-Konzert „Vom Reden und Schweigen“ zur Eröffnung der Ausstellung „Facetten des Erinnerns – 1968 Global: China und die Welt“ (hier finden Sie einen ausführlichen Bericht zur Ausstellung) mit begrüßenden Worten ein. Im Anschluss daran folgte ein Kurzvortrag von Frau Prof. Dr. Barbara Mittler vom Sinologischen Institut der Universität Heidelberg zum Thema Erinnerungskultur, bezogen auf die sowohl Deutschland als auch China prägende Zeit um 1968. In der Volksrepublik China blieb das Jahr 1968 vor allem aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Dekade der sogenannten „Kulturrevolution“ im Gedächtnis haften, die einige Chinesen traumatisiert zurückließ. Doch abseits der offiziellen Interpretation der Ereignisse und Ergebnisse der Kulturrevolution wurde lange Zeit keine weitere Deutung zugelassen, weswegen nicht alle Zeitzeugen ihr Trauma auf- und verarbeiten konnten. In den letzten Jahren widmen sich daher einige Künstler eben genau dieser Zeitepoche, die nun weit genug zurückliegt, um keine emotional aufgeladenen Diskussionen mehr hervorzurufen. So auch Ni Shaofeng und Deng Huaidong, die nun im Völkerkundemuseum Heidelberg ausstellenden Künstler. Ihnen ist vor allem wichtig, dass prägende Ereignisse wie die Zeit um 1968 nicht in Vergessenheit geraten, und so schloss Frau Prof. Dr. Mittler ihren Vortrag mit einem Zitat von George Steiner: „…viele anständige Menschen sagten: Das kann nicht sein…, das ist jenseits menschlicher Vorstellungskraft. Wir haben keine derartigen Entschuldigungen mehr. Alles was wir tun können ist, nicht zu vergessen.“
Dem Thema Erinnerung widmeten sich auch die Künstler des KlangForums Heidelberg, die nach dem Vortrag von Frau Prof. Dr. Mittler ihr Programm „Vom Reden und Schweigen“ präsentierten. Die gespielten Sätze 1-7 des Werkes Scholium 2 des Komponisten Dániel Péter Biró wurden explizit für die Schola Heidelberg und das ensemble aisthesis unter der Leitung von Walter Nußbaum geschrieben, welche zusammengenommen das KlangForum Heidelberg bilden. Die Komposition basiert auf einem Text aus dem 2. Kapitel „Über die Natur und den Ursprung des Geistes“ aus Baruch Spinozas Ethik, während die gesungene Melodie auf den Text „ego sum qui sum“ zurückgeht, der im theologischen Kontext auf die Verbindung der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft hinweist. Zusammengefasst geht es also um Erinnerung und deren Bedeutung für das Heute und das Morgen. Die Musik erschuf eine bedrückende Atmosphäre und nahm den Zuhörer gefangen. Statt klassischem Gesang stießen die Sänger Atemgeräusche, Röcheln bis hin zu einem Husten aus, wodurch die Musik ein bedrohliches Element bekam und den Zuhörer an Katastrophen, Tod und Leiden erinnerte. Crescendi führten zu fast sirenenartigen Klängen, worauf die Sänger plötzlich flüsternd fortfuhren, immer wieder durchbrochen von nachdenklichem Schweigen. Zwischen den einzelnen Sätzen trug Frau Prof. Mittler mit eindrucksvoller Stimme passend ausgewählte Gedichte sowohl deutscher als auch chinesischer Dichter vor, die dem Ganzen ein literarisches Element beimischten. Das Publikum belohnte die Vorstellung mit langanhaltendem Applaus.
Hiernach wurde die Ausstellung der beiden chinesischen Künstler offiziell durch den Kurator des Völkerkundemuseums eröffnet und die etwa 120 Gäste fanden sich zu Diskussionen in den Ausstellungsräumen oder zu einem Sekt auf der Terrasse des Völkerkundemuseums zusammen.
Möglich gemacht wurde diese Veranstaltung durch die Zusammenarbeit des Völkerkundemuseums Heidelberg, des Center for Asian and Transcultural Studies, der Bereichsbibliothek Ostasien der Universität Heidelberg, des KlangForums Heidelberg und des Konfuzius-Institutes Heidelberg.