Die Verfassungsbewegung zu Ende der Qing-Dynastie
Die Verfassungsbewegung zu Ende der Qing-Dynastie
Vortragsreihe Sinology goes public
- Termin: Dienstag, 14. April 2015
- Uhrzeit: 18.00 Uhr
- Ort: Konfuzius-Institut Heidelberg
Speyerer Straße 6, 69115 Heidelberg - Eintritt: frei
Egas Moniz-Bandeira führte mit seinem Vortrag zu der Verfassungsbewegung zu Ende der Qing-Dynastie in ein wenig bekanntes Forschungsfeld ein. Die Xinhai-Revolution von 1911 wird in der allgemeinen Wahrnehmung als Bruch mit dem rückständigen Kaiserreich und Notwendigkeit für Chinas fortschrittliche Entwicklung betrachtet. Doch in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts war auch das Kaierreich unter Führung der Kaiserinwitwe Cixi bemüht gewesen, das politische System des Kaiserreichs zu modernisieren. Trotz umfangreicher Gesetzessammlungen kannte man in China lange keine Verfassung. Das Konzept erhielt über Übersetzungen ausländischer Schriften erst im 19. Jahrhundert Einzug. Prägend für das Interesse an einer Verfassung war für China das Vorbild Japan: Japan war seit 1890 eine konstitutionelle Monarchie. Dies wurde als Grund für Japans unerwartete Siege im sino-japanischen Krieg 1894/95 und im japanisch-russischen Krieg 1904/05 betrachtet. So fiel der Beschluss langfristig ebenfalls eine Verfassung im Qing-Reich einzuführen, die eine gewisse politische Teilhabe der Bürger und eine Gewaltenteilung vorsah. Beratungskommissionen zogen in Europa und dem USA Erkundungen ein, Konzepte wurden diskutiert und 1908 erstmals „Richtlinien der Verfassung“ veröffentlicht. Zwar enthielt dieser Entwurf bereits ein Parlament und sah vor, dass Gesetze dem Parlament vorgelegt werden müssten, doch ähnelte er stark an das japanische Vorbild mit einem unantastbaren Kaiser und wurde als zu konservativ kritisiert. Nichtdestotrotz fanden im folgenden Jahr die ersten Parlamentswahlen fanden statt, von der jedoch die Mehrheit der Bevölkerung ausgeschlossen blieb. Ein Kabinett mit 13 Mitgliedern wurde gebildet, davon wurden allerdings ganze neun Sitze mit Mandschuren besetzt. Dies führte zu heftigen Protesten und Aufständen im ganzen Land. Die Regierung verlor die Kontrolle über große Teile Südchinas. Unter diesem Druck stimmte der Kaiser dem Plan zu einer neuen Verfassung nach englischem Vorbild zu und gab damit viele seiner Privilegien auf. Doch die Xinhai-Revolution setzte kurz darauf allen Bemühungen der Qing ein Ende.
Egas Moniz-Bandeira betonte, die Offenheit der Qing zu Reformen und die Bereitschaft des Kaisers selbst seine Machtbefugnisse zu beschränkten markierten einen bedeutenden Schritt. Motiviert hatte ihn dazu vermutlich das Bestreben nach Legitimierung im Inland und internationaler Anerkennung. In seiner Dissertation erforscht er insbesondere die einflussnehmenden Gruppierungen am Hof um Cixi und den Diskurs um die Inhalte der Verfassung.
Egas Moniz-Bandeira, ass. iur., studierte Rechtswissenschaften und Sinologie in Heidelberg. Er ist Doktorand am Institut für Sinologie und Stipendiat des Exzellenzclusters „Asien und Europa im globalen Kontext: die Dynamik der Transkulturalität“ der Universität Heidelberg (Forschungsgruppe MC5 „Towards a Global History of Concepts“). Seine Dissertation beschäftigt sich mit den Ursprüngen des Verfassungsbegriffs in China.