Deutsch-chinesische literarische Begegnungen: Die Autorin Luo Lingyuan im Gespräch mit Prof. Dr. Gertrud M. Rösch (IDF)

Was passiert, wenn die chinesische Kultur auf die deutsche trifft – sei es in einer Beziehung, während einer Reise oder im Zuge wirtschaftlicher Zusammenarbeit? Mit dieser Frage beschäftigte sich die preisgekrönte deutsch-chinesische Autorin Luo Lingyuan vor allem in ihren frühen Romanen. Darin schildert sie – häufig aus der Perspektive der in Deutschland lebenden chinesischen Frau – die Herausforderungen, mit denen sich ihre Protagonistinnen oder Protagonisten im alltäglichen Leben wie auch im professionellen Umfeld konfrontiert sehen. Mit viel Humor werden Identitätsfragen und Heimatbilder reflektiert und die Irrwege beschrieben, die die Figuren während ihrer interkulturellen Annäherung zurücklegen müssen. In ihrem neuesten Roman Die chinesische Orchidee (2019) kehrt Luo Lingyuan zu ihren Wurzeln zurück, indem sie ihre Geschichte wieder im zeitgenössischen China spielen lässt. Erneut steht eine Frau im Zentrum des Geschehens, die machtbewusst ihren Aufstieg plant, um später umso tiefer zu fallen.

Anhand ausgewählter Texte und im Gespräch mit der Autorin führte die Literaturwissenschaftlerin und Germanistin Gertrud Maria Rösch in Luo Lingyuans vielfältige Themen ein und folgt den literarischen Spuren einer Schriftstellerin „zwischen den Kulturen“. Kurze Passagen aus Luo Lingyuans Büchern wurden von der ausgebildeten Sprecherin Dr. Sabine Hieronymus vorgelesen.

Luo Lingyuan wurde 1963 in China geboren. Sie studierte Computerwissenschaft und Journalismus in Shanghai und lebt seit 1990 in Berlin, wo sie auch anfing, ihre Texte in deutscher Sprache zu verfassen. Ihr erster Erzählband Du fliegst jetzt für meinen Sohn aus dem fünften Stock (2005) wurde mit dem Adelbert-von-Chamisso-Förderpreis ausgezeichnet. Zahlreiche ihrer Romane beschäftigen sich mit deutsch-chinesischen Begegnungen und den Missverständnissen, die damit einhergehen, wie z.B. Die chinesische Delegation (2007), Wie eine Chinesin schwanger wird (2008) oder der Erzählband Nachtschwimmen im Rhein (2008). Ihr aktueller Roman Die chinesische Orchidee (2019) ist im zeitgenössischen China angesiedelt und erzählt von den Aufstiegsbestrebungen einer machtbewussten Frau. Luo Lingyuans Literaturschaffen wurde mit zahlreichen Stipendien gefördert, darunter dem Alfred-Döblin Stipendium, dem Arbeitsstipendium des Berliner Senats und dem Grenzgänger-Programm der Robert Bosch Stiftung.

Gertrud Maria Rösch ist seit 2005 als Professorin am Institut für Deutsch als Fremdsprachenphilologie (IDF) der Universität Heidelberg tätig. Schwerpunkt ihrer Forschung ist das Verhältnis von Fiktionalität und Faktizität. Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit zum Schlüsselroman beschäftigt sie sich in zahlreichen interdisziplinär und intermedial ausgerichteten Aufsätzen mit der historischen Anthropologie, den Gender Studien sowie der Satire und Karikatur. Gastprofessuren führten sie in die USA, nach Ägypten und nach China. Im Sommersemester 2019 gilt eine ihrer Lehrveranstaltungen den chinesischen Figuren in satirischen deutschsprachigen Romanen des 20. Jahrhunderts, darunter auch Figuren aus Luo Lingyuans Werken Wie eine Chinesin schwanger wird und Die chinesische Delegation.